Dienstag, 20. Oktober 2015

Die trügerische Scheinsicherheit der staatlichen Rente



Die trügerische Scheinsicherheit der staatlichen Rente

Jedes Jahr flattert einem die Renteninformation zur gesetzlichen Rente ins Haus. Die Werte darauf sehen mitunter vielversprechend aus. Eine trügerische Wahrheit… 

Welche Fragen man stellen muss, um wirklich zu des Pudels Kern vorzudringen und wie man vorsorgen sollte, sodass man nicht 1.000 Euro monatlich beiseitelegen muss, lesen Sie hier.
Ist es nicht beruhigend, wenn man jedes Jahr die Renteninformation der Deutschen Rentenversicherung Bund bekommt, die einem avisiert, wie viel Rente man in Euro im Moment des eigenen Rentenbeginns bekommt? Auch im Bekanntenkreist oder in der Verwandtschaft hört man hier immer wieder, dass sei eine gute Grundlage und „nur“ für den persönlichen Luxus müsse man privat oder betrieblich zusätzlich etwas tun.

So weit so trügerisch. Denn wenn man sich die Renteninformation einmal genauer anschaut, sieht das schon etwas anders aus. Nehmen wir mal an, der Brief, den Sie sich vornehmen, sähe einen Renteneintritt im Jahr 2027 vor. Er sähe vor, dass sie bei ununterbrochener Fortzahlung ihrer Beiträge 2.050 Euro Rente erhalten würden – und das ist ja schon ein sehr ordentlicher Betrag.

Das ist er – solange, bis man beginnt, vier einfache Fragen zu stellen.

Wie viel Steuer wird fällig? 
Denn künftige Rentner-Generationen müssen zunehmend Steuern auf ihre Rente zahlen. Im Fall des zukünftigen Rentners, den wir uns hier vornehmen, wären das rund 200 Euro, bleiben als 1.850 Euro.

Wie viel Krankenversicherungsbeitrag ist zu zahlen? 
Bei privat Versicherten ist die Spanne der möglichen Beiträge im Alter recht groß und die Leistungen sehr unterschiedlich – insbesondere, da sich die Kostenentwicklung des Gesundheitssystems schwer voraussagen lässt. Die aktuellen Beitragssätze der gesetzlichen Krankenversicherung sind in der Regel niedriger als bei einer privaten Versicherung. Wenn als Einkommen nur die staatliche Rente Grundlage des Beitrag wäre, fallen selbst mit dieser optimistischen Annahmefallen erneut etwa 200 Euro an. Es bleiben rund 1.650 Euro.

Was macht die Inflation mit dem Geld? 
Die Kaufkraft der verbliebenen 1.650 Euro ist in 22 Jahren geringer als heute. Bei einer angenommen Geldentwertung von 2 Prozent kann man sich in 22 Jahren für die verbliebene Rente noch Waren und Dienstleistungen im Gegenwert von 1.067 Euro kaufen. Ernüchternd, aber es wird noch drastischer.

Denn der Vergleich mit einem Hartz-IV-Empfänger zeigt eine erschreckende Wahrheit: 391 Euro Regelleistung, 600 Euro Mietzuschuss (kalt), 100 Euro Heizkosten. Macht 1.091 Euro.

Dieses irgendwo bei uns im Hinterkopf existierende „gesellschaftliche Problem“, gewinnt plötzlich eine konkrete und sehr greifbare Bedeutung und Brisanz. Die staatliche Rente wird nicht viel mehr als eine Grundsicherung leisten können – schon heute und das bei einem nicht gerade schlecht verdienenden Beispielrentner.

Alleine die Tatsache, dass es immer weniger Beitragszahler und immer mehr Leistungsbezieher gibt, erzwingt dies. Natürlich kann man darauf hoffen, dass die Renten auch weiter erhöht werden, wie dies in Ihrer Rentenmitteilung angedeutet wird, aber sich darauf zu verlassen, dass unsere wenigen Kinder und Enkel die permanente Mehrbelastung ihrer Haushaltsbudgets über die kommenden Jahrzehnte klaglos ertragen, ist ziemlich mutig.

Zuwanderung lindert das Problem zum Teil

Die Zuwanderung, die wir aktuell erleben, kann einen Teil dieses Problems lindern, allerdings kann sie es nicht beseitigen. Zumal man ja auch laufende Ausgaben wie Strom, Wasser, Versicherungen, GEZ, Reparaturen und so weiter bezahlen muss, bevor man an Dinge wie Urlaub oder Hobbys denken kann. Sollten Sie dieses kleine Experiment mit sich selbst durchgeführt haben, sind sie schon einen erheblichen Schritt weiter als der große Teil Ihrer Mitmenschen.

Oft hört man dann noch die Aussage: „Naja, ich hab ja da dieses Rentendings über die Firma.“ Manchmal existiert auch ein „privates Rentendings“. Aber auch hier ist meist die Erkenntnis, um was es sich da handelt (Rentenversicherung, Direktzusage, Pensionsfonds, altersvorsorgewirksame Leistung, Direktversicherung) eher wenig ausgeprägt und oft ist das Guthaben „nur“ ein paar zehntausend Euro.

Was auf den ersten Blick nach einer Menge Geld ausschaut muss aber möglicherweise auf 20, 30 oder mehr Jahre verteilt werden. Selbst wenn sich diese 50.000 Euro bis zur Rente noch verdoppeln, geht auch hier die Inflation ab. Aufgeteilt auf 240 oder 360 Monate bewegt man sich zwar vom Lebensstandard Grundsicherung etwas weg – aber für den Lebensabend, den wir uns alle erträumen, genügt auch das nicht wirklich.
Sicher = mager

Das Fazit, dass an dieser Stelle stehen muss, ist: private oder betriebliche Vorsorge ist absolut unerlässlich, auch wenn es heute Konsumverzicht bedeutet. Allerdings führt nicht jede Form der Vorsorge zum Ziel. Wenn man das Geld heute „sicher“ anlegen möchte, bedeutet das vielfach eine sehr magere Verzinsung unterhalb der Inflationsrate. Wer allerdings das Geld auf Tagesgeldkonten oder Sparbüchern anlegt, betreibt angesichts der niedrigen Zinsen im besten Fall Geldaufbewahrung, bei welcher der Zins die Inflation kompensiert (100 Euro heute sind also 100 Euro Kaufkraft zu Rentenbeginn). Im Normalfall dürfte es aktuell sogar Geldvernichtung sein, da Tages- und Festgeld häufig deutlich weniger abwerfen, als die Inflation verzehrt.

Hinzu kommt, dass man über mögliche 30 Jahre Rentenbezugszeit möglicherweise etwa 1.000 Euro zusätzlich benötigt. Das wären 360.000 Euro, die bis dahin in eine sichere Anlage gesteckt werden müssten, welche die Inflation kompensiert. Wenn die Anlage das nicht schafft, entsprechend mehr. Und falls es keine 30 Jahre mehr bis zur Rente sind, bedeutet das ab sofort mehr als 1.000 Euro jeden Monat zurücklegen.

Wer kann schon mehr als 1.000 Euro im Monat zurücklegen?

Einigen wenigen mag das möglich sein – mit einem normalen Einkommen und Familie ist es aber in der Regel unmöglich. Man muss also vielfach konstatieren: Das Einzige, was bei einer sicheren Anlage derzeit sicher ist, ist die Tatsache, dass das Geld im Alter sicher nicht für den Lebensstil reicht, den man sich erträumt.

Was tun? So schwer es emotional fallen dürfte, müssen sich breitere Bevölkerungsschichten (wieder) mit risikoreicheren Anlagen beschäftigen. Denn diese bringen die Chance mit sich, eine Rendite zu erzielen, die dann doch den Lebensstandard zu halten hilft. Und über mehrere Jahrzehnte Ansparphase, das belegen lange Zeitreihen, hat eine breit gestreute Aktienanlage noch nie Verluste gebracht.

Selbst der schlechteste Aktienfonds hat ganz gut abgeschnitten

Selbst der schlechteste Aktienfonds aller im Deutschen Fondsverband organisierten Fondsanbieter hat hier sehr ansehnliche Renditen eingebracht. Also selbst wenn man alles auf eine und dort auf die schlechtest mögliche Karte gesetzt hätte, wäre mehr dabei herausgesprungen als mit dem Sparbuch. Es ist auch deutlich sinnvoller, in die Weltwirtschaft und deren Wertschöpfungskraft zu investieren als in die Schulden unserer Kinder – also in Staatsanleihen: Denn während Unternehmen auch in 10, 20 und 30 Jahren noch Mehrwerte schaffen und Dividenden auszahlen werden, könnte der Geduldsfaden unserer Kinder mit unserem Rentensystem irgendwann reißen – und dann ist es doch beruhigend, wenn ein Teil der Rente von global erfolgreichen Unternehmen erwirtschaftet werden.

Welche Fonds sich hier für den Sparer eignen, muss individuell ermittelt werden, denn er soll sich ja noch einige Jahrzehnte mit dieser Anlage wohl fühlen. Hier heißt es informieren und beraten lassen. Dann wird aus trügerischer allmählich echte Sicherheit und der Ruhestand kann kommen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen